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AI / KI Software Development

KI in meinem Entwickleralltag: Zwischen Routinehilfe und kreativer Bremse

Vor einiger Zeit habe ich einen Artikel geschrieben, in dem ich erklärt habe, warum ich mir keine Sorgen mache, dass KI meinen Job übernimmt. Damals war ich überzeugt: KI ist mein Assistent – nicht mein Ersatz. Heute, ein gutes Stück später, sehe ich das immer noch so. Aber mit einer Ergänzung: KI unterstützt mich in manchen Bereichen enorm – in anderen bremst sie mich aus.

Worin ich KI nutze und ihr starkes Potenzial sehe

Ich nutze KI vor allem dort, wo sie mir wirklich hilft, schneller zu denken und zu strukturieren. Bei Recherchen zu neuen Themen, beim Outlining von Softwarearchitekturen oder wenn ich mich frage, ob es für ein Problem vielleicht noch einen eleganteren Ansatz gibt. Mein physischer Rubberduck auf dem Schreibtisch wurde mittlerweile ersetzt – durch einen kurzen Chat mit ChatGPT.

Oft reicht ein kurzes Gespräch, um einen Knoten im Kopf zu lösen. KI hilft mir, Dinge zu hinterfragen, Denkmuster zu brechen und neue Perspektiven zu sehen. Sie ist mein geduldiger Sparringspartner, der nie müde wird, meine Ideen zu reflektieren.

Wo ich bewusst auf KI verzichte, um mich als Entwickler zu erhalten

Trotzdem nutze ich KI nicht überall. Gerade in den frühen Phasen neuer Projekte verzichte ich bewusst auf sie. Ich nehme mir Zeit, um das Projekt, den Business Case und den Flow dahinter wirklich zu verstehen – ohne Abkürzungen.

Ich sehe die Tendenz, dass KI in vielen Unternehmen auch für Dokumentation oder Code-Generierung eingesetzt wird. Das kann nützlich sein, aber ich beobachte auch, dass dadurch oft der Zusammenhang verloren geht. Software wirkt dann manchmal „zusammengebaut“, aber nicht durchdacht – sauberer Code, aber ohne Seele.

Selbst mit der stetigen Verbesserung von KI verändert sich der Code-Stil merklich: er wird oft generischer, austauschbarer, weniger geprägt von der Handschrift des Entwicklers. Das ist praktisch, aber auch gefährlich – weil dabei ein Stück Individualität verloren geht.

Und ganz ehrlich: Ich halte es auch für fragwürdig, KI direkt mit unternehmensspezifischem Code zu füttern. Niemand weiß genau, wo diese Daten am Ende landen. Und wer weiß, welche Rückschlüsse daraus gezogen werden können.

Die goldene Mitte

Für mich liegt der Schlüssel in der Balance. Ich nutze KI meist bewusst isoliert – ohne großen Kontext. Wenn ich eine Funktion schreiben oder optimieren möchte, beschreibe ich der KI ganz gezielt, was ich brauche, ohne ihr gleich das ganze Projekt offenzulegen.

Wenn ich das schaffe, zeigt mir das, dass ich selbst verstanden habe, worum es wirklich geht. Denn tiefes Verständnis für Software entsteht nicht durch gute Prompts, sondern durch eigene Auseinandersetzung.

Guter Code ist das eine – aber gute Entwickler verstehen den Business Case dahinter. Und genau das bleibt auch in Zeiten von KI die wichtigste Fähigkeit: nicht nur schreiben, sondern verstehen.